Zur Geschichte der Auswanderung  aus dem alten Amt Damme (Oldbg.) von Johannes Ostendorf

1. Zur Einführung
   Jeder Volkskörper lebt, und die Zahl seiner Mitglieder ist stetig im Fluß. Ist er gesund im Blute und in der Einstellung zum Leben, muß sein jährlicher Zugang stärker sein als der Abgang. Zuwachs Jahr um Jahr aber fällt allmählich den zur Verfügung stehenden Raum und verengt dadurch seine Lebensmöglichkeit.  Dabei kann es soweit kommen, daß der Nahrungsspielraum nicht mehr imstande ist, den Volkskörper in seiner Gesamtheit in sich zu behalten.
      Die Geschichte bringt viele Beispiele, wie Stämme und Völker die Enge des Raumes gewaltsam brechen, kämpfend sich neue Gebiete erschließen und kämpfend halten.  Man spricht von Völkerwanderungen, die erst dann aufhören, wenn die Frage des Raumes gelöst ist.
     Neben diesen Massenwanderungen explosiven Charakters steht die stille Aushöhlung eines Volkskörpers, die Einzelauswanderung. Bei ihr handelt es sich nicht um geschlossene, starke und geführte Gruppen, sondern um einzelne Personen, höchstens zu Familien vereint.
     Nordwestdeutschland erlebte dies Abströmen besonders stark seit 1830.  Nicht alle seine Landschaftsgebiete waren daran gleich beteiligt, sehr heftig das Oldenburger Münsterland und darin vor allem  der Raum des alten Amtes Damme.

     Durch den Reichsdeputationshauptschluß kam 1803 das Niederstift Münster, soweit es die Ämter Vechta und Cloppenburg mit Friesoythe umfaßte, an Oldenburg.  Die Einführung der oldenburgischen Verwaltung setzte sich erst nach der napoleonischen Zeit durch, und zwar zum 1. Oktober 1814.
     Mehrere Kirchspiele - die Kirchspiele Südoldenburgs deckten sich bis um 1900 meist mit den politischen Gemeinden, weshalb im folgenden diese Bezeichnung angewandt werden soll, auch für die Zeit, wo noch das Kirchspiel damit gemeint war - bildeten ein Amt,  mehrere Ämter einen Kreis.  Der Kreis Vechta zerfiel nach 1814 in die Ämter Vechta und Steinfeld.  Die Gemeinden Vechta, Oythe,  Lutten, Goldenstedt, Twistringen, Visbek, Langförden und Bakum mit Vestrup  machten das Amt Vechta aus und Lohne, Dinklage, Steinfeld, Damme und Neuenkirchen das Amt Steinfeld.
    1817 kam es zwischen Hannover und Oldenburg zu Grenzregulierungen, die vor allem Twistringen, Goldenstedt, Damme und Neuenkirchen betrafen.  Damme und Neuenkirchen bildeten fortan das eigene Amt Damme.  Von der räumlich großen Gemeinde Damme trennte man 1827 Holdorf als eigenen Verwaltungsbezirk ab.
    Durch Gesetz vom 1. Mai 1870 wurde Lohne dem Amte Vechta  zugelegt, und der gesetzliche Entscheid vom 17.  April 1871 vereinigte das Amt Steinfeld - seit 1858 war Dinklage Amtssitz - mit Damme. Zum 1.Oktober 1879 hörte auch dieses als selbständiger Verwaltungsbezirk auf; fortan gab es nur noch das Amt Vechta.

   Für die nachfolgenden Ausführungen soll das "alte Amt Damme" die Grundlage abgeben, also die Gemeinden Damme, Holdorf und Neuenkirchen, ungeachtet der vorerwähnten Umlegungen.  Weitere Sichtung und Auflockerung des Materials wird es möglich machen, den Kreis der Betrachtung über das alte Amt Damme hinaus sich auf den gesamten Amtsbezirk Vechta erstrecken zu lassen.



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