Für die Jahre
von 1830-1849 liegen namentliche Auswanderer-Verzeichnisse vor. Sie
wurden vom Amte Damme von den Kirchspielsvögten angefordert, die ihrerseits
die Bauernvögte unter Mithilfe der Geistlichen und Schullehrer mit
der Aufstellung betrauten. Durchblättert man die Listen, so
heißt es an ihrem Kopfe meist: "Liste der nach Amerika ausgewanderten
Personen." Alles ging nach Amerika. Nur ein einziges Mal fand sich die
Bemerkung. "Nach Holland." Der Kirchspielsvogt Bölling aus Holdorf
setzte unter seinen zusammenstellenden Bericht vom 23. März
1847, der die Auswanderer für das Jahr 1846 enthielt, die Bemerkung:
"Die Leute glauben die guten Nachrichten, die da kommen von Amerika, nicht
die schlechten. Selbe vermeinen, sie reisen nach dem gelobten Lande,
nach dem glücklichen Arabien ihres Glückes, wo sie sorgenfrei
mit wenig Mühe leben können"(A III 7.).
Oder es heißt: "Alle Auswanderer gingen nach Nordamerika (Vereinigte
Staaten), alle vermeinen, das Glück warte ihrer dorten"(A
III 7.).
Am 6. September
1850 gab das Amt Damme eine Verordnung der Oldenburgischen Regierung
an die Gemeinden weiter, wonach fortan die Auswanderer nur zahlenmäßig
zu erfassen seien. Diese Listen -Übersichten genannt - enthielten
eigene Spalten für die Wanderungsziele. Die Auszählung
der Listen von 1856-1880 vermittelt uns hinsichtlich der Wanderungsrichtungen
ein genaues Bild:
Im Jahre | Deutsche
Staaten |
Europ.
Staaten |
Nord-
Amerika |
Süd-
Amerika |
Australien | Gesamtzahl |
1856 | - | - | 49 | - | - | 49 |
1857 | 1 | - | 135 | 5 | - | 141 |
1858 | - | 25 | 139 | - | - | 164 |
1859 | - | 49 | 160 | - | 1 | 210 |
1860 | 2 | 22 | 136 | - | - | 160 |
1861 | 2 | - | 29 | - | 1 | 32 |
1862 | - | - | 27 | - | - | 27 |
1863 | 3 | - | 20 | - | - | 23 |
1864 | 3 | 1 | 69 | - | - | 73 |
1865 | 1 | - | 82 | - | - | 83 |
1866 | 2 | - | 239 | - | - | 241 |
1867 | - | - | 142 | - | - | 142 |
1868 | 1 | - | 78 | - | - | 79 |
1869 | 1 | 1 | 66 | - | - | 68 |
1870 | - | 1 | 44 | - | - | 45 |
1871 | - | - | 91 | - | - | 91 |
1872 | - | - | 92 | - | - | 92 |
1873 | 5 | - | 100 | - | - | 105 |
1874 | - | - | 63 | - | - | 63 |
1875 | 6 | 1 | 22 | - | - | 29 |
1876 | 6 | - | 8 | - | - | 14 |
1877 | 7 | 1 | 26 | - | - | 36 |
1878 | 5 | 5 | 49 | - | - | 57 |
1879 | - | 1 | 10 | - | - | 12 |
1880 | - | - | 162 | - | - | 162 |
45 | 108 | 2038 | 5 | 2 | 2198 |
Den Hauptteil
mit 92,7% nahm die Auswanderung nach Nordamerika ein; Südamerika und
Australien fielen kaum auf (0,2 bzw. 0,1%). Bei der Auswanderung
nach andern deutschen Staaten (= 2,1 %) handelte es sich vornehmlich
um den Verzug, meist infolge Ausheirat, ins hannöversche bzw. preußische
Gebiet, von Neuenkirchen aus ins benachbarte Hannoversch-Bieste und nach
Vörden, von Damme aus nach Vörden und nach Hunteburg. Diese
Auswanderungen, und als solche galten sie derzeit vor dem Gesetze, waren
lokale Veränderungen im deutschen Gesamt-Vaterlande. Die Auswanderer
in andere europäische Staaten (= 4,9%) schlugen vornehmlich die Südostrichtung
ein, sie gingen nach "Ungarn". Ihre Siedlung, hauptsächlich
Tscherman im Comitat Neutra in der heutigen Slowakei, ist bekannt als "plattdeutsche
Siedlung". Die Nachkommen jener "Ungarnfahrer" bewahrten bis auf
den heutigen Tag Sitte und Sprache der Altheimat und sitzen als tätige
und tüchtige Bauern auf eigenem Grund und Boden.
In der gesamtdeutschen
Auswanderung ist der Auswandererstrom des alten Amtes Damme gewiß
nur ein sehr schwaches Rinnsal. Sein Einzugsgebiet, fast 200 qkm
groß, besagt innerhalb der Gesamtfläche des deutschen Bodens
nicht gerade viel. Es ist auch nur ein Teil einer natürlichen
Landschaft, die nach Norden, Osten und Süden durch Heiden, Moore und
unwirtliche Öden gegen anders geartete benachbarte Landschaftsgebiete
abgeschirmt ist. Im Westen, wo die landschaftlichen Grundlagen ähnlich
liegen, wurde im südlichen Teil gegen das Artland hin durch den staatsgeschichtlichen
Werdegang einschließlich der konfessionellen Aufspaltungen
zwischen dem Blute eine künstliche Scheide entwickelt, zwar nicht
völlig trennend, doch im gegenseitigem Berühren und in der Verschmelzung
erschwerend.
Nach Nordwesten traten in der gleichgearteten
Landschaft die geschichtlichen Erscheinungen nur auf verwaltungsmäßigem
Gebiete zutage, und nach dorthin griff eine immer stärker werdende
blutsmäßige Versippung Platz. Diese wirkte sich auch bei
der Auswanderung aus. Es schlossen sich versippte Volksschichten eng zusammen;
der Zusammenschluß reichte bis ins Niederlassungsgebiet hinein und
führte zu landsmannschaftlichen Siedlungen. Stallotown (= Minster),
Fort Jennings um Böhmer, Teutopolis (Lohner/Vechtaer Siedlung um Clemens
Uptmoor(Heimatblätter Nr12 / 1939) in Illinois, Neu-Glandorf (Osnabrücker
Siedlung um Horstmann/Kale) sind Beispiele dafür; erwähnt seien
sodann noch(nach Zimmer) Neu-Bremen (u. a. in Ohio, Illinois, im
Maine-Gebiet ... ), Emden in Illinois, Neu-Ostfriesland in Illinois und
andere. Auch Tscherman in der Slowakei ist als landsmannschaftliche
Niederlassung anzusprechen.