Was bot Amerika? Vor allem Land, billiges Land, und die Aussicht, es den eigenen nachfolgenden Generationsreihen zu vererben -- dann aber überhaupt Verdienstmöglichkeiten nach allen Richtungen -- kurzum: das Glück.
1812 setzte das nordamerikanische Landoffice den Preis für einen acre (== 4 Scheffelsaat) auf 2 Dollar fest; 1820 sank der Preis auf 1 1/2 Dollar, und in den ersten Jahren hiesiger Auswanderungszeit war derselbe Boden um 1/2 oder 1/4 Dollar zu haben. Mit steigender Einwanderung kletterten die Landpreise in die Höhe, blieben aber immer noch lockend und verführend. Zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges befürchtete man ein Sinken des Einwandererstromes. Die “homesteadsacte” sicherte jedem Einwanderer, der das amerikanische Bürgerrecht anzunehmen gewillt war, den Anspruch auf 160 acres (oder 63 ha) unkultivierten Bodens zum Preise von 1/2 Dollar für den acre zu, die nach 5 Jahren mit vollem Vererbungsrecht in das unbeschränkte Eigentum des Eingewanderten übergingen.
63 ha für rund 400 Mark! Soviel Land hatten in Südoldenburg ja kaum die Durchschnittsbauern. Also wurde sorgsam gespart und gedarbt, im “Hollandsgang” schwer gearbeitet, fleißig das Spinnrad gedreht und im Webstuhl das Schiffchen geworfen. Jeden Groschen drehte man vor seiner Ausgabe vielmals um. Etwas hatte der Heuermann ja vor seiner Abreise hier noch abzustoßen und zu Gelde zu machen. “N.N. will vor seiner Abreise nach Amerika einen großen Teil seiner Mobilien als: Tische, Schränke, Betten, Zinn- und Kupfergeschirr nebst sonstigen Haus-, Garten-, und Ackergerätschaften, auch 2 Kühe und 24 Scheffelsaat grünen Roggen am 20. März d.J. (== 1839) morgens 8 Uhr öffentlich meistbietend verkaufen lassen.” Kaum eine Nummer der damaligen Heimatzeitungen erschien ohne solche Anzeigen. Wenn es auch nicht immer reichte, eine so große Stelle, wie die Bauern sie in der Heimat besaßen, zu erstehen, man begnügte sich vorerst mit weniger, und der Zukauf winkte ja auch. Also nur fort aus der, “Sklaverei” und hin zum “gelobten Lande”, wo man Herr auf eigenem Grunde wurde. Wer gar noch arbeitsfähige, d.h. erwachsene Kinder hatte oder auch nur heranwachsende, dem konnte das Glück nicht allzufern liegen. An Mut und Arbeitswillen fehlte es nicht.
Abgehenden Bauernkindern winkte außer der Gelegenheit, einen eigenen Hof zu bekommen, die sichere Aussicht, eine Familie gründen zu können. Daheim winkten nur ein Heuerhaus und Heuermannsdienste oder das Los, als “Onkel ant Füer”, d.h. als Junggeselle an des Bruders Herd das Leben verschleißen zu müssen. Mit dem Kindeserbteil in der Tasche konnte man in Amerika alles anders haben. Die Fremde lockte.
Die Dienstboten rechneten genau so. Und wenn alles glückte, konnte man die Familienangehörigen nachkommen lassen und auch sie “erlösen”. Wer daheim noch keine Mittel zum Landkauf hatte, konnte sie sich dort rascher erwerben, “wo jeder treiben kann, was er will, und keine Abgaben zu bezahlen braucht”. Man wollte erst auch gern in Stellung gehen. Hausmädchen verdienten in den Staaten bis zu 150 Mark (gegen 10 Mark in der Heimat), und zwar für denselben Zeitraum; der Knechtelohn betrug in Amerika 10 Dollar monatlich (gegen 1 Rth. hier); wer handwerkliche Arbeiten verstand, kam noch besser weg. Beim „amerikanischen Geldverdienen” und deutschem Leben, so rechnete man es sich aus, war man in einigen Jahren in der Lage, sich ein großes Anwesen zu erwerben, ein Großgeschäft aufzumachen und einen eigenen Hausstand zu gründen. “Die Dienstmädchen wollen sich eine Heiratsmöglichkeit suchen”, schrieb 1849 der Kirchspielsvogt von Holdorf unter seinen Halbjahrsbericht.
Lockmittel waren Briefe und Geldsendungen. Briefe mit günstigen Nachrichten wurden geglaubt, solche mit ungünstigen verwarf man und bezweifelte ihre Wahrheit und Ehrlichkeit. Geldsendungen stellten den Höhepunkt dar, die Wahrheit eines gleißenden Glückes. Kam der “Onkel aus Amerika” -- oft sprach er englisch-deutsch -- dann vergaß man sogar für die Zeit seines Besuches die gewohnte Sparsamkeit; seine Erzählungen waren wie ein Evangelium und priesen Amerika als “Gottes eigenes Land”.
Nur allzugern folgte man den Lockungen dieser frohen Botschaft! Wie leicht man in der Heimat geneigt war, den lockenden Rufen zu folgen, zeigte der Amtsbericht vom 25. Juli 1834: “Merkwürdig ist die Gleichgültigkeit, mit welcher die nächsten Verwandten voneinander scheiden, und unbegreiflich die Ruhe, mit welcher sich Menschen den Schiffen anvertrauen, welche früher nie die See gesehen haben. Auffallend ist ferner die Erscheinung, daß häufig Weiber, welche nie aus ihrem Kirchspiel gekommen sind, ihre Männer zu dieser Reise aufmuntern, und sich dem Auswanderungszuge anschließen”. Auch Abenteuerlust lockte in die Fremde und öffnete viele Ohren und Herzen.
An der amerikanischen Ostküste gelangte der Auswandererstrom auf festen Boden. Neben Baltimore lief man New York und New Orleans an, und wer auf französischen oder holländischen Schiffen gefahren war, nahm Richtung auf Charleston. Von diesen Hafenorten aus wälzte sich der Menschenstrom weiter landeinwärts. Da nur wenige Bahnen vorhanden waren, ging der beschwerliche Weitertransport zumeist auf den wenigen Kanälen und schiffbaren Flußläufen weiter vor sich. Einzelwanderer, die auf Verdienst angewiesen waren, konnten in den Hafenorten und benachbarten aufblühenden Städten schon bald ein Unterkommen finden. Familien dagegen drängten, möglichst rasch in den weiten Landgebieten angesetzt zu werden.
Die Besiedlungsgrenze im östlichen Teile Nordamerikas lag um 1790
durchweg im Appallachengebirge. Der nun einsetzende Einwandererstrom schob
sie stetig westwärts. Im Norden wurde der Ohiofluss erreicht und überschritten
bis hinauf zum Seengebiete; im Westen erreichte man den Mississippi, und,
ihn überwindend, gewann man südwärts das Texasgebiet. Gegen
1840 lag die Siedlungsgrenze bereits weit westwärts vom Mississippi,
blieb aber meist noch im ebenen Lande und rückte langsam dem Felsengebirge
näher. “Einzelne Ansiedlungen haben aber dieses Hindernis schon übersprungen
(==1880) und seine Vorlinie im Felsengebirge und in den pazifischen Küstenstrichen
hergestellt.“
In den gewonnenen großen Siedlungsgebieten bildeten sich zunächst
Siedlungs-Urzellen, die von den Nachwanderern ausgefüllt und ausgeweitet,
die gleiche Altheimat und nicht zuletzt dieselbe Glaubensgemeinschaft.
Nach der notdürftigen Selbsteinrichtung dachte man schon bald an einen
Gemeindemittelpunkt, an die Errichtung einer Kirche mit Schule (Pfarrschule).
Die Siedler der Urzellen waren auf rasche Seßhaftmachung angewiesen;
sie nahmen den Grund, der angeboten wurde und ihnen groß genug und
billig erschien.
Die ersten Ansiedler aus unserer Gegend ließen sich im Staate Ohio nieder. Stallotown, Fort Jennings sind dort suchen nördlich von Cincinnati und Dayton. Mit Fort Waynes griff die Siedlung über nach Indiana und näherte sich allmählich der Südseite des Michigansees; von dort aus drang sie weiter nach Osten hin vor nach Illinois. Der Ohiofluss wurde für längere Zeit die Grenze für die Südoldenburger; sein überschreiten erfolgte später. Das Gebiet des Ohio Staates ist als Keimzelle der Südoldenburger Auswanderung anzusehen.
Das Roden des Waldes -- oder “Klären”, wie man es damals nannte -- die Urbarmachung des Bodens, kurz die Einrichtung und Ausgestaltung der Niederlassung vertraute man der Hände Arbeit an. Nicht alle fanden sofort das “Arabien des Glückes”, viele sind zerschellt; andere verließen den ersten Platz, wenn sie glaubten, günstigere Bedingungen gefunden zu haben. So blieben Teile des Stromes in dauernder Bewegung, und zwar solange, als Siedlungsland nach Größe und Preis ebenfalls beweglich blieben. Seitdem das Kapital verstärkt seine Hand auf den Grund gelegt hatte, hörte die amerikanische Freizügigkeit auf. Dieses Umherziehen und die mehrmalige Verlegung des Wohnortes waren wohl ein Grund mit dafür, dass viele Postsachen aus der Altheimat die Empfänger nicht erreichten und zurückkamen. Eine Übersicht der Anschriften dieser “Rückkehrer” zeigt, dass die Südoldenburger Auswanderer aus der Gegend von Goldenstedt bis Damme und von Visbeck bis ins Amt Cloppenburg hinein in Amerika eine ziemlich zusammenhängende Siedlungsfamilie gebildet haben, wie es z.B. von den Ostfriesen, Westfälingern, Rheinländern, Eifelern ja auch gesagt wird. Man darf annehmen, dass Stallotown, umgetauft in Minster, der Mittelpunkt der Auswanderer aus dem oldenburgischen Münsterland gewesen ist.
Ausgewanderte Handwerker und Kaufleute, zumal wenn sie ledigen Standes hinauszogen, blieben vielfach in den Städten hängen. Dammer, Holdorfer und Neuenkirchener sitzen noch heute in großer Zahl in New York, Chicago, Cincinnati, St Louis, Baltimore usw. Vielfach handelt es sich bei ihnen um Rückwanderung aus amerikanischen Landgebieten, also um eine Art “Landflucht”, eine Erscheinung, die sich auch bei Siedlungen im deutschen Inlande zeigt und durchaus erklärlich ist.
Es muß der weitergreifenden Arbeit zwischen Wahlheimat und Altheimat vorbehalten bleiben, den Spuren der Auswanderer von ihrer Niederlassung an zu folgen und festzustellen, was aus ihnen geworden ist, wie sie die Fremde und das Leben darin meisterten, wie und wo sie in ihrem Blute sich erhalten haben. Die Altheimat könnte wirksam an dieser gewaltigen, aber auch großen Aufgabe mithelfen. Material dürfte noch vorhanden sein, alte und älteste Briefe der Auswanderer. Sie müßten gesammelt, zusammengestellt und durch die mündliche Überlieferung, welche zum Teil noch sehr rege ist, ergänzt werden. Es gibt Teilgebiete in Deutschland, wo man in dieser Hinsicht weiter vorangekommen ist als bei uns. Unsere Nordwestecke steht im Anteil an der Gesamtauswanderung mit in der ersten Reihe.
Mit unserm Landsmann Heinrich Joseph Böhmer, der zu den Auswanderern des Jahres 1833 gehörte, wollen wir, seinem Briefe vom 8. März 1835 folgend, landauf, landab wandern auf der Suche nach geeignetem Siedlungsgrund, wollen seine Sorgen und Mühen teilen und den Kreis der gänzlich veränderten Umstände miterleben; wir werden so leichter ein Bild der Fremde gewinnen, vermögen sicherer deren licht- und Schattenseiten gegeneinander abzuwägen und werden leidenschaftsloser über jene Tausende urteilen, die die Bande zur Heimat zum Vaterlande durch die Auswanderung gelöst haben.
Nach der Beschreibung von Stallotown und Piqua, die oben bereits gebracht wurde (Kapitel 2 und 6) fuhr Böhmer in seinem Briefe fort:
Nachdem wir nun diese beiden von unsern Landsleuten neuangelegten Städte mit ihren Umgebungen besehen hatten, worin wir vollkommen bestätigt fanden, was der Generallandkommissar, der den Deutschen sehr hold ist, uns vor unserer Abreise davon sagte, setzten wir unsere Reise fort, gingen über St. Maris den Miami-Fluss hinunter nach St. Waine, durchwanderten einen Teil von Indiana und Schlugen uns darauf nördlich nach dem Michigan Territor und kamen in der Karwoche in Detroit. Am ersten Tage nach unserer Ankunft besuchten wir darauf den Herren Bischof Neese, an welchen wir verschiedene Empfehlungen hatten und von dem wir in Gemeinschaft mit mehreren tüchtigen Männern die Anlage einer neuen Kolonie im Michigan, worin, wie es in einem öffentlichen Blatte hieß, für höhere und niedere Bildungsanstalten gesorgt werden sollte, erwarteten und bei dem wir den Herrn Professor Horstmann anzutreffen hofften. Allein der Herr Professor hatte sich, weil der Bischof gerade bei dessen Ankunft abwesend gewesen war, schon eher angekauft, als dieser ihn gesehen und gesprochen habe, und konnte uns derselbe weiter keine Auskunft geben, als dass er uns auf der Karte dessen Niederlassung und die besten Wege dahin bezeichnete. Der Bischof schien sehr zu bedauern, bei der Ankunft des Professors abwesend gewesen zu sein, und sagte, dass ihm dessen Wahl zu seiner Niederlassung ebenso wenig gefalle, als er vorher Stallos voreiliges Handeln habe billigen können. Von Anlegung einer neuen Kolonie, wie oben erwähnt, sei freilich früher schon Rede gewesen, und habe er darüber mit dem Herrn Pastor zu Sommersett auch gesprochen, bisher aber sei noch kein bestimmter Platz dazu ausersehen und habe er auch seit einiger Zeit von dem gedachten Herrn Pastor darüber keine weitere Nachricht erhalten, so wie er von der angeregten Einladung und Aufforderung desselben in öffentlichen Blättern keine Kunde besitze. Wenn wir übrigens warten wollten und könnten, dann wolle er darüber schreiben und die Sache beschleunigen; im Falle, dass uns dieses aber zu weitläufig erscheinen möchte, sei er erbötig, uns von den ungefähr 20 Meilenwestlich von dem Erie-See und von drei Armen des s.g. Riesenrivers durchschnittenen 3000 acres Kirchenland, ein Geschenk der Indianer, mehrere Acker für 3-4 Dollars zu überlassen; billiger könne er es nicht geben, weil das Land nicht sein, sondern Eigentum der Kirche sei, und dürfe er nachher, wenn dort mehr angebaut und für Kirche und Schule gesorgt sei, den Acker auch nicht mehr so wohlfeil geben, weil das Interesse der Kirche, wofür er aufs beste sorgen müsse, dadurch zu sehr leiden würde. Dankbar zwar erkannten wir die Gewogenheit seiner Bischof. Gnaden an, allein wegen der zuletzt gemachten Bemerkung glaubten wir jedoch, von der uns gemachten Offerte keinen Gebrauch machen zu können. Wir verweilten in Detroit vier Tage, während welcher Zeit ich den Bischof öfters besuchte und der mir durch Mitteilung seiner Erfahrungen, durch den trefflichen Rat und die Weisungen, die er mir gab, nicht allein nützlich wurde, sondern auch manchmal angenehme Unterhaltung gewährte.
Am fünften Tage setzten wir dann unsere Reise, von seinem bischöflichen
Segen und besten Wünschen begleitet, fort und gingen weiter den See
St. Clair hinauf nach Mil Clemens, wo es uns aber wegen der Seeluft kalt
genug und nicht besonders einlandend zu sein schein. Von da kehrten wir
dann wieder zurück nach Monroe, wo wir verabredetermaßen mit
dem Herrn Bischof Neese zusammentreffen sollten, allein der Bischof war
verhindert worden und hatte deshalb an den dortigen Pastor geschrieben,
mit dem wir dann verschiedene Strecken Land in der Nähe und am Erie-See
besahen. Von da schlugen wir uns dann westlich nach St. Joseph, mußten
aber von dieser Reise wieder abstehen, weil die Witterung und schlechten
Wege selbe in dieser Jahreszeit noch nicht zuließen. Wir entschlossen
uns daher, den Herrn Professor Horstmann zu besuchen, gingen deshalb wieder
zurück bis nach Defiance, wandten uns da gegen Süden den großen
Auglaize-Fluss hinauf, kehrten uns, nachdem wir 24 Meilen gegangen, östlich
dem Blanchards Fluss zu und stießen, nachdem wir 16 Meilen diesen
Weg hinauf gegangen waren, zuerst auf den Herrn Kaler, der sich in der
Nähe des Flusses ungefähr 640 Acker Land angekauft hat und sich
mit seiner jetzigen jungen Frau A. M. Tabke-Haskamp aus Steinfeld recht
gesund und wohl befand. Bei diesen blieben wir die Nacht und gingen den
andern Morgen zum Professor, etwa 6 Meilen von Kale. Ungefähr 8 Tage
vorher hatte sich derselbe ein kleines Blockhaus errichtet, und so ärmlich
und so elend es hier auch noch aussah, so fanden wir ihn doch zufrieden,
munter und aufgeweckt. Sehr wünschten wir, uns bei ihm niederzulassen
und sahen aus Achtung gegen seine Person gerne über Vorteile weg,
deren uns verschiedene Gegenden mehrere darboten; allein zu wenig konnten
uns die An- und Absichten des Herrn Professors bei Anlegung seiner Kolonie
und die Lage seines Landes gefallen, als daß wir uns entschließen
konnten, uns bei ihm niederzulassen. Zwar dürfte der Boden seiner
720 Acker, welche er zu obigem Zwecke angekauft hat, nicht zu tadeln sein,
nachdem derselbe hier bei Ansetzung der Taxe gebräuchlichen Einteilung
der Grundstücke in drei Klassen wohl teils zur ersten, größtenteils
zur zweiten und teils zur dritten Klasse gehört, dahingegen aber ist
seine Niederlassung so entfernt von jeder auch nur in etwa bedeutenden
Straße und dem Kanale, daß an Handel und Verkehr in einer langen
Reihe von Jahren noch kein Gedanke sein kann. Er scheint dieses durchaus
nicht berücksichtigt zu haben, und sollte man glauben, wenn man ihn
so mitten im Busche von allen Menschen entfernt sieht, daß er des
lästigen Reisens und Suchens müde, sich nur den ersten besten
Platz, der sich augenblicklich darbot oder wozu ihm vielleicht ein
von Interesse geleiteter Grundbesitzer dortiger Gegend beredete, ohne weitere
Prüfung niederließ. Sein nächster Nachbar, als wir ihn
besuchten, wohnte 6 Meilen von ihm entfernt, ein Pensilvany Deutscher;
jetzt wohnen schon mehrere aus seiner Gegend bei ihm. Von seinem Lande
will er nicht verkaufen, wenigstens nicht in der Gegend, wo der Ort gebildet
und die Kirche gebaut werden soll, sondern beabsichtigt, dieses gegen 1/4
des Ertrages in Erbpacht zu geben mit der Beschränkung, dass der Eigentümer
auf keine Weise die gepachteten Grundstücke ohne seine Einwilligung
an einem Dritten überlassen kann, und soll dann die auf diese Weise
gewonnene Einnahme zum Besten der Kirche und Schule angewandt werden. ---
So schön hier auch in mancher Hinsicht die Absicht des Professors
sein mag, so wollte es uns doch nicht gefallen, dass gerade die neuen Ankömmlinge,
die gerade ihr Vaterland verließen und so vieles taten, um ihren
Zustand zu verbessern und welchen daher jeder mögliche Vorteil wohl
zu gönnen ist, gleich im Anfang schon eine ewige Fundation für
Kirche und Schule gründen sollen, welches ihnen und ihren Kindern
gewiß nach Jahrzehnten leichter fallen wird als in den ersten Jahren,
wo viele das ihrige notwendig bedürfen. Wir nahmen daher unsern Wanderstab
wieder zur Hand, kehrten uns aufs neue der Auglaize zu und gingen diesen
Fluss beinahe bis zu seinem Ursprung hinauf. Von da kehrten wir wieder
ungefähr Mitte Mai, nachdem wir mehrere treffliche Strecken Land,
nicht allein zur Niederlassung einzelner Familien, sondern ganzer Gesellschaften
sich sehr gut eignend, gefunden hatten, über Wapaukonneta nach Cincinnati
zurück, um uns mit denen, die mit uns auszuziehen wünschten,
zu beraten und deren Gutachten einzuholen. Etwa zwei Tage nach unserer
Heimkehr wurden wir von einem alten deutschen Grundbesitzer in Kentucky
wiederholt zu einem Besuche vor unserm Abzuge ins Land eingeladen.
Aus verschiedenen Gründen diese Einladung annehmend, machten wir uns
nach einigen Tagen wieder auf den Weg und kamen, nachdem wir zwei Tage
gereist hatten, bei unserm Wirte, den Fr. von der Embse schon früher
hatte gelegentlich kennengelernt, an, der uns sehr freundlich aufnahm und
gastfrei behandelte. Während unseres dreitägigen Aufenthalts
bei ihm suchte er uns zu bereden, mit ihm und seinem Sohne nach Illinois
zu gehen, und hörte nicht auf, diesen Staat vor allen übrigen
zu rühmen. Hierbei ist zu bemerken, daß, wenn eine einzelne
Familie in eine unangebaute Gegend zieht, gelbe gern eine oder andere
Familie mitnimmt, um Gesellschaft und Nachbarn zu haben. - Auf unserer
Reise durch mehrere vernünftige und sachkundige Männer unterrichtet,
daß Illinois sich zwar vorzugsweise zur Niederlassung einzelner bemittelter
Familien eigne, die sich gleich große Viehherden anschaffen und den
Ackerbau so betreiben können, daß es der Mühe lohne, jährlich
einmal mit einem Flußboote nach New Orleans hinunter zu fahren, um
ihre übrighabenden Produkte zu verkaufen, indem es dort große
Strecken hohen Wiesengrundes gebe, bei denen man des Klärens überhoben
sei-, dieser Staat sich aber zur Niederlassung geringer Familien, geschweige
denn Gesellschaften, deren Barschaft nach Abzug der Reisekosten und Ankauf
eines Grundstücks geschwunden, sich also, um den Hunger abzuwehren,
gleich nach Verdienst umzusehen haben, nicht schickt, weil hier wegen Mangel
an öffentlichen Bauten und der geringen Bevölkerung die Arbeit
weitläufig zu suchen sei, auch der Holzmangel hier viel eher und härter
gefühlt werden würde, als in verschiedenen andern Staaten der
Holzüberfluß lästig sei, wobei obendrein an ein schnelles
Aufblühen dieses Staates kein Gedanke sein könne, indem 5/8 desselben
Militärland sei; so hatte ich zu wenig Neugierde, um dorthin auch
noch eine Reise zu machen und Geld und Zeit zu verlieren-. Ferdinand
(= v. d. Embse) dahingegen entschloß sich, dahin mitzureisen, hoffend,
er werde diese Tour in 14 Tagen abmachen. 8 Tage nachher trat er dann die
Reise an; ich blieb in Cincinnati und traf die nötigen Vorkehrungen,
um gleich nach seiner Rückkehr ab ziehen zu können. Weil
aber Ferdinand wegen Unpäßlichkeit 3 Wochen in Illinois
hatte still liegen müssen, so dauerte seine Reise nicht 14 Tage, sondern
6 Wochen, wodurch uns ein böser Strich durch die Rechnung gemacht
wurde, indem der Sommer nun bereits so weit vorrückte, daß es
zum Bauen der Sommerfrüchte zu spät wurde, und war der ganze
Vorteil der Reise kein anderer, als daß er bestätigte, was wir,
wie oben bemerkt, schon früher gehört hatten, mit dem Zusatze,
daß auf den besten Stellen in der Nähe der Flüsse sich
überall schon Farmer niedergelassen hatten. Jetzt war nun noch
zu bestimmen, welcher von den auf unsern früheren Reisen aus ersehenen
Plätzen zu unserer Niederlassung zu wählen sei.
Bei meiner Vorliebe zum Ohio-Staate wählte ich
diesen, und nachdem ich meine Gründe dafür mitgeteilt hatte,
wurde allgemein dieser Staat gewählt. Da nun aber ungefähr
2 Monate verstrichen waren, als wir diesen Staat bereiseten, während
welcher Zeit es immer möglich sein konnte, daß ein anderer gerade
den Teil, der sich vorzüglich zum Hausbau schickte und woran uns am
meisten gelegen sein mußte, weggekauft habe, so mußte notwendig
wieder eine neue Reise gemacht werden, wozu ich dann den Auftrag erhielt
mit dem Bemerken- Zugleich zu untersuchen, welcher von den bereits ausgesehenen
Plätzen den Vorzug verdiente. Ich machte mich sodann den ersten
Tag auf den Weg und nahm den Sohn des Kaufmanns Wellmann aus Langförden
(Wellmann stammte aus Langförden aus einem Heuerhause bei Zeller Meyer;
sein Vater betrieb neben Landwirtschaft einen regen Handel und opferte
einen Teil seines nicht unbedeutenden Vermögens, um ebenfalls mit
Familie auszuwandern, was 1834 geschah) zur Begleitung mit, - Nachdem wir
nun die erwähnten Stellen untersucht hatten, entschieden wir
für Ft. Jennings, den ehemaligen Lagerplatz der zur Beobachtung
der Indianer ausgeschickten Soldaten. Dieses Fort, wovon jedoch nichts
anderes mehr zu sehen ist als einige Gräben und einige Ruinen von
dem auf dem Grabe des Komandanten General Jennings errichteten hölzernen
Denkmal, liegt an einem schönen durchgängig 70-80 Fuß breiten
Fluß, genannt Auglaize River, der sich 40 Meilen von hier bei Defiance
nach Cincinnati in den Maumee ergießt und vereint mit diesem
46 Meilen weiter bei Perrysburg in den Friesee läuft; liegt an der
Poststraße von Defiance nach Cincinnnti, 1,5 Meilen von dem neuen
Ohio Kanal, 40 Meilen nördlich von Stallotown und 13 Meilen
südwestlich von der Kolonie den Professors Horstmann. Der Boden,
wo das Fort gestanden ist etwa 1/4 Stunde im Umfange geklärt, ist
eben, hoch und trocken, liefert den besten Graswuchs, meistens sog.
Brinkklee, und hat Überfluß an Quellen des schönsten Trinkwassers,
so wie auch der Fluß so schönes Wasser enthält, als
ich es irgendwo in Deutschland gefunden habe. Auch an Steinen ist hier
kein Mangel, denn das Bett und die Ufer des Flusses liefern hinreichend
Kalk, und Feldsteine. Der Boden runduher
ist, wie überall mehr oder weniger verschieden, durchgängig aber
von bester Qualität, nämlich brauner Klei, und braucht überall
nicht gedüngt zu werden. Der Holzwuche ist hier so üppig, als
ich ihn irgendwo sah, und wachsen hier alle edlen Holzsorten, die
man hier von einem guten Boden erwartet als: Zuckerahorn, Sickermoor,
Kastanien, wilde, weiße und schwarze Walnüsse, weiße Eichen,
wilde Weinreben usw. in einer solchen Masse, als ich sie auf meinen Reisen
irgendwo sah. Sowohl Engländer als Deutsche billigen unsere
Wahl, und einem jeden, den ich noch bisher darüber hörte, gefällt
diese Gegend. Ein Grund, weshalb dieser Placken nicht schon früher
zu ähnlichen Zwecken angekauft wurde, ist wohl dieser, daß ein
Teil des Forts und des darangrenzenden Landes aus der zweiten Hand gekauft
werden mußte und, das übrige mit dessen nächster Umgebung
seit den letzten Jahren mit zu dem Kanalland gezogen ist, welchen erst
am 22. Oktober vorigen Jahres zum Verkauf kam; allein wir ließen
uns dadurch nicht entmutigen, sondern machten wegen des letzten Casus Vorfrage
bei den betreffenden Behörden, und als diese uns so ziemlich aus aller
Besorgnis setzten, suchten wir nur gegen billige Preise den bereits verkauften
Teil, circa 90'Acker, von dem Besitzer zu erhandeln, welches um auch, da
der Eigentümer 20 Meilen davon entfernt wohnte, keine großen
Schwierigkeiten machte, und überließ uns derselbe den Acker
für 4 1/2 Dollars. In der öffentlichen Auktion zu Piqua,
welche am 22. Oktober anfing und bis zum 30. fortwährte, haben wir
nun an die 600 Acker, den Acker zu 1 1/4 Dollar, zugekauft, wozu der Kaufmann
Wellmann, der zwei Tage vorher angekommen war, tätig mitwirkte, und
wobei meine Bekanntschaft mit dem Oberaufseher des Kanalbaues und einiger
der mit dem Verkauf beauftragten Offizianten uns sehr zustatten kam.
Hierdurch glauben wir nun den Grund zu einer Kolonie gelegt
zu haben und hegen wir die Hoffnung, da noch viele tausend Acker in unserer
Nachbarschaft gegen billige Preise zu haben sind, daß wir so viel
deutsche Nachbarn bald erhalten werden, um für Kirche und Schule sorgen
zu können.
Den Ort beabsichtigen wir an der Stelle des alten Forts zu
bilden, und sind zu diesem Zwecke die Hausplätze bereits ausgelegt,
so, daß sie an der Straße 60 Fuß breit und so lang sind,
daß jeder einen Garten von 2 Scheffelsaat hinterm Hause haben kann,
und stoßen dann die Gärten an der einen Seite östlich an
den Fluß und die andern liegen westlich nach dem Kanal zu. Auch werden
wir sorgen, daß jeder Bewohner des Orten 10 Acker, circa 40 Scheffeleaat
Vechtaer Maß, des besten Landes in der Nähe haben kann, welches
für Künstler, Handwerker etc. hinlänglich ist, um so viel
Früchte zu bauen, als einer mit der größten Familie bedarf,
4 Kühe zu halten und jährlich wenigstens 6 Schweine zu mästen.
Denn rechnet man, daß auf einem Acker jährlich auch nur 40-50
Buschel (= 1 Buschel sind l 1/2 Scheffel Vechtaer Maß) Welschkorn
wachsen (es wird allgemein behauptet, daß 60 Buschel und darüber
darauf wachsen können), so würden 3 Acker zu Korn, 1 Acker zu
Weizen, 1/2 Acker zu Kartoffeln, 1/2 Acker zu Gartenfrüchten
und 1 Acker zu Früchten für Kühe, also im ganzen 6 Acker,
wie ein jeder einsehen kann, hinreichen, um eine starke Familie hinlänglich
mit den notwendigen Nahrungsmitteln zu versehen, wobei zu bemerken, daß
zum Fetten eines Schweines im Durchschnitt 3-4, bei fast gänzlichem
Mangel an Eicheln, Nüssen etc. 6-8 Buschel Korn gerechnet werden,
nie mehr; die meisten ernten für ihre Kiihe gar nichts, welches mir
aber nicht gefallen will. - Wenden wir uns nun zu unsern zurückgelassenen
Freunden in Cincinnati, die mit Ungeduld auf unsere Rückkehr warteten.
- Die oben erwähnte Reise von 320 Meilen, welche ich, wie gesagt,
in Begleitung des jungen Wellmann machte, und den endlichen und schlüssigen
Ausschlag über den Wohnort geben sollte und gab, beendeten wir in
10 Tagen, und noch ehe 8 Tage verstrichen, brachen wir mit 10 Köpfen
und aller unserer Habe auf.
Allein diese Reise, welche man allein in 4 1/2 Tagen abmachen kann,
dauerte viel länger, als wir erwarteten, denn starke Gewittergüsse
hatten die kleinen Flüsse, welche wir zu passieren hatten, so angeschwemmt,
daß wir vor einem 4 Tage, vor einem andern 8 Tage zu Wapaukonneta
still liegen mußten. Daß unsere Wagen nach solchen Regengüssen
auch keine großen Tagereisen machen konnten, läßt
sich denken, und kamen wir daher erst Ende Juni auf Fort Jennings, dem
Orte unserer Bestimmung, an. Sobald wir hier ange kommen waren,
suchten wir die beiden alten Häuser, welche hier standen, wieder herzustellen
und wohnbar zu machen, legten gleich einen kleinen Garten an, um darin
noch einige Herbstfrüchte zu ziehen, und freuten uns sehr unserer
angenehmen Lage, des schönen Bodens, der trefflichen Viehzucht und
Oberhaupt, das Ziel unserer Wünsche so nahe zu sehen. - Plötzlich
und unerwartet wurde unsere Freude bald getrübt, indem das Kaltefieber,
welches man für die Klimakrankheit hält, so stark unter uns ausbrach,
daß in der Zeit von 14 Tagen 8 unserer Gesellschaft darniederlagen;
ich allein kann sagen, daß ich allein ganz davon verschont geblieben
bin, vielleicht eine Folge meiner starken Seekrankheit. Selbst viele
der ältesten Bewohner der hiesigen Gegend wurden davon heimgesucht
und sagen selbe einstimmig, daß sie hier noch nie eine solche Krankheit
erlebt hatten. Wahrscheinlich sei der hohe Wasserstand, der dieses
Jahr viel höher gewesen sei, als irgend jemand denken könne und
der das Austreten des Flitsses an verschiedenen Stellen zur Folge gehabt
hatte, wodurch dann, da an verschiedenen Stellen Wasser stehen geblieben
sei, welches von der Sonne vertrocknet worden, ein übler Geruch und
eine schädliche Ausdünstung entstanden, Ursache derselben; auch
die späten Nachtfröste sollen dazu beigetragen haben. Einstimmig
wird sonst diese Gegend für gesund erklärt, und noch jüngst
versicherte mir ein alter erfahrener Arzt aus Philadelphia, der diesen
Staat bereisete, er sei überzeugt, daß diese Gegend so gesund
als irgendeine in Amerika, welches aber auch noch besser werden würde,
wenn der Wald erst mehr gelichtet sei, der Wind mehr Spielraum erhalte
und die Luft reiner werde. Dabei glaube ich auch, aus Erfahrung die
Überzeugung gewonnen zu haben, daß das kalte Fieber, wovon der
Einwanderer noch in den ersten Jahren immer mehr mag heimgesucht werden
als der Eingeborene, bei vernünftiger Behandlung keineswegs gefährlich
sei und daß es die Diät durch so viel als mögliche Beibehaltung
der gewöhnten Kost und Enthalten von zu vieler und zu schwerer Arbeit
in den heißen Sommermonaten sehr verhütet und sehr vermindert
werden kann. Unsere Patienten sind jetzt auch alle wiederhergestellt,
sind gesund und munter, und geben wir täglich mutig ans Klären.
Wir hoffen, nächste Ernte nicht nur so viel zu ernten, als wir zu
unserer Notdurft nötig haben, sondern auch den uns etwa Nachkommenden
mitteilen können. Dieses Jahr münen wir fast noch alles
kaufen, und es ist teurer als in den letzten Jahren gewesen. Das
Barle bestes Mehl, 196 Pfund etwa, kostet 5 1/2 - 6 Dollars, 100 Pfund
bestes Rindfleisch 2/2 Dollars, 100 Pfund Schweinefleisch 4 1/2 - 5 Dollars,
der Buschel Welschkorn 37 1/2 bis 50 Cents, Kartoffeln 50 Cents, Rüben
25 Cents und das Pfund Kaffee 16 3/4 Cents. Eine gute Kuh kostet
12 Dollars, ein mageres Schwein von etwa 1 Jahr 3 Dollars, ein gutes Zufpferd
40-50 Dollars. Ich, Ferdinand und die Gebrüder Franz und Anton
von Lehmden aus Steinfeld haben dieses Jahr 14 Schweine gemästet,
wovon ein jedes im Durchschnitt 100 Pfund wog und haben wir jeder noch
6 teils Mutterschweine, teils sog. Borge. Ferdinand hat sich auch schon
im letzten Sommer 3 große Kühe mit Kälbern angeschafft;
Wellmann hat auch schon 2 Pferde, 4 Kühe mit Kälbern und
4 Schweine. - Wir haben uns bis jetzt hier mit zehn angekauft, welche alle
zu nennen überflüssig sein würde, da Ihr selbe doch nicht
alle kennet, und glaube ich hier mit Euch, liebe Mutter und Geschwister,
von meiner Lage bis hierhin unterrichtet zu haben, welchem ich auch weiter
nichts hinzuzusetzen wüßte, als daß ich 4 Meilen von hier
den erwachsenen Söhnen unserer englischen Nachbarn seit einiger Zeit
Unterricht im Rechnen und Schreiben erteile, und sobald wir mit dem Hausbau
weiter vorgerückt sind, werde ich wohl mit dem jungen Wellmann
in Handlung treten. In Erwartung aber, daß Euch auch einige
Nachrichten über das hiesige Klären des Waldes, über Ackerbau,
Viehzucht usw. nicht unwillkommen sein werden, setze ich daher noch folgendes
hinzu.
Das Klären ist eben keine leichte, aber auch bei weitem
keine lästige und langwierige Arbeit, wie man sich wohl in Deutschland
vorstellt, wenn man es mit dem dortigen Ausroden des Waldes vergleicht.
Das Buschholz wird hier mit einer sog. Krubaxt, welches ein in der
Form einer Saulaxt gemachtes Werkzeug ist, vorn platt und etwa 4-6 Zoll
in der Schneide hält, mit der Wurzel ausgehauen, bis zu einer
Dicke von 3-4 Zoll im Durchmesser. Das größere Holz wird
bis zu 18 Zoll im Durchmesser zwei Fuß über der Erde abgehauen,
der Stamm in Längen von 14 Fuß abgekürzt und nachher mit
Buschholz verbrannt. Die dicken Bäume bleiben vorerst stehen,
werden rundherum eingekerbt, damit sie absterben und dann vor und nach,
so wie der Wind sie umwirft oder etwas abgehauen werden, verbrannt.
Das auf diese Weise geklärte Feld wird sodann mit einem Zaun, hier
Fence genannt, umgeben, welcher von 6 Zoll dicken Riegeln verlertigt wird,
so daß die in der Form eines Einstrichs gelegten Riegel so nahe aufeinanderliegen,
daß kein Ferkel von 6 Wochen hindurchkriechen karn, und wenigstens
6 Fuß hoch sein muß, wenn der Eigentümer, im Falle fremdes
Vieh seine Früchte beschädigen, auf Schadenersatz Anspruch machen
will. Die im Lande stehen bleibenden Stümpfe der meisten Holzsorten
pflegen in 5 - 6 Jahren so mürbe zu werden, daß man sie auspflügen
oder doch sonst leicht herausbringen kann. - So wie hier das Klären
von dem in Deutschland sehr verschieden ist, so muß es auch
notwendig das Ackern sein. Um das neukultivierte Land zu Pflügen,
nimmt man in der Regel besser 2 Ochsen als 2 Pferde, weil sie langsamer
gehen und besser aufs Wort still stehen, und man pflügt solange damit
zwischen den Stümpfen herum, daß das meiste schwarz wird, dann
wird es mit einer dreieckigen Egge geeggt und darauf mit Unterschied der
Samen gesät oder gepflanzt. An Abzugsfurchen oder Gräben
ist kein Gedanke, und hat die Natur die Lage des Bodens nicht so geformt,
daß das Wasser von selbst abzieht, so muß es bei regnerischem
Wetter so lange stehen, bis es die Sonne verzehrt; Ausnahmen sieht man
schon bei Städten und älteren sehr angebauten Gegenden gemacht.
- Leichter noch als der Ackerbau wird hier die Viehzucht betrieben.
Pferde, besonders tüchtige Stuten, kommen in den kältesten
Wintermonaten wohl einige Tage in den Stall und erhalten etwas Futter,
Kühe hingegen müssen Winter und Sommer unter freiem Himmel liegen,
und sieht man auch hier und da einige Kuhställe, so sind sie doch
überafl so, daß sie kaum vor dem Regen schnitzen, und erhalten
viele das ganze Jahr nichts anderes, als was sie sich im Walde suchen.
Einige Farmer jedoch pflegen im Herbste Welschkorn in Hocken zu setzen
und geben es ihren Kühen, wenn der Schnee gar zu hoch liegt, andere
hingegen sorgen gar nicht dafür, sondern hauen im äußersten
Falle einige Linden- und Zuckerbäume nieder, wo dann die Kühe
durch Abnagen der Rinde, der Knospen und kleinen Zweige sich vor dem Hungertode
schützen. Daß hier bei schlechter Witterung, besonders bei vielem
Schnee, die Kühe mager werden, läßt sich denken, und es
ist nicht zu verwundern, wenn man bei Farmern, die mehr als 40 Stück
Rindvieh haben, im Winter keinen Tropfen Milch findet. Den größten
Teil des Jahres finden die Kühe hinlänglich Nahrung im Busche,
und habe ich diesen Herbst verschiedene so aus dem Busch schlachten sehen,
die das beste Fleisch und mehr als 70 Pfund Talg hatten. Um die Kühe
ans Haus zu gewöhnen, pflegt man ihnen zuweilen etwas Salz zu geben,
welches für sie sowohl als für die Pferde ein Bedürfnis
zu sein scheint, und damit sie regelmäßig zum Milchen nach Hause
kommen, sperrt man die Kälber ein, welche man zweimal des Tages saugen
läßt.
Keinem, der erst ins Land zieht, ist zu raten, eine Kuh oder das
Kalb zu kaufen, trieb er auch 40 Meilen ohne Weg und Steg durch den Busch,
sicher wird sie ihm wieder weglaufen, und an Milch ist gar nicht zu denken,
indem sie gewiß schon den ersten Tag nicht wieder zu Hause kommen
würde.
Weniger als alles übrige Hausvieh werden die Schweine geachtet.
Selten weiß der Farmer hier, wie viele er hat, und laufen selbe oft
Monate im Busche herum, ohne daß er sie sieht; doch ist dieses auch
wohl. öfters der Fall bei seinen Pferden und Kühen. Glaubt
er nun, daß sie fett sind, dann geht er auf die Schweineiagd oder
beauftragt seinen Nachbar damit, der dann gebräuchlicherweise die
Hälfte des Schußgeldes erhält. Hierbei ist zu merken,
daß jeder Farmer seine eigene Mark für sein Vieh hat.
Die Schweine, welche gemästet werden sollen, werden in eine Ferne
getan und erhalten dann Korn zur Fütterung; selten und nur im
äußersten Falle wird den Zuchtschweinen etwas Korn gegeben,
und müssen sich diese im Winter durch Auswühlen der Kräuterwurzeln
ernähren. Daß übrigens bei einer solchen Behandlung
viele umkommen und selbst im Sommer bei schlechter Witterung manches Ferkel
verloren geht, unterliegt keinem Zweifel, und es wäre zu wünschen,
daß nicht allein Schweine, sondern auch Pferde und Kühe hier
menschlicher behandelt würden, sie aber ganz nach deutscher Weise
zu behandeln, ist auch nicht geraten, indem sie dadurch verwöhnt und
zu kostspielig werden würden.
Die Jagd anbetreffend, so ist selbe hier sehr angenehm, überall
frei und für den Kenner oft ergiebig. Hirsche, Puter und Rakunen
sind vorzüglich Gegenstand derselben; Fasanen, wilde Enten, Feldhühner
und Hasen hält man keinen Schuß wert, sondern wirft und
schlägt man dafür lieber Eichhörnchen tot, deren Fleisch
hier gern gegessen wird. Früher glaubte ich, ich könne
dieses Fleisch nicht essen, Jetzt aber verschmähe ich es so wenig
wie ein gutes Stück vom Bären, nur ist letzteres wegen seiner
Seltenheit gar zu teuer. Wenn Mast da ist, dann kriegt man
oft das ganze Jahr keinen Bären zu sehen, und nur bei großem
Mangel an Nahrung kommen einige aus dem Walde zum Vorschein, wo sie dann
den Schweinen gefährlich werden. Weil dieses Jahr auch keine
Mast war, so ließen sich diesen Herbst einige hier und da sehen,
und ich habe auch zweimal einen gesehen, wovon einer nicht weiter
als 30 Schritte von mir über den Weg ging. Sobald ich ihn erblickte,
legte ich meine Flinte auf ihn an, schnell aber besann ich mich, daß
ich nur Schrot geladen hatte und zog daher, als ich sah, daß
es für hiesige Gegend ein ungewöhnlich großer war, meine
Flinte still wieder zurück und ließ ihn ruhig seiner Wege gehen.
Übrigens sind Bären und Wölfe hier nicht allein selten,
sondern auch durchaus nicht gefährlich, und sind uns die Eichhörnchen
und Rakunen viel ärgere Feinde als jene, indem diese oft großen
Schaden an den Kornfeldern anrichten. Am angenehmsten und einträglichsten
ist hier die Hirschjagd.- In Sommermonaten stehen die Hirsche oft stundenlang
nachts an den Flüssen; der Jäger setzt sich dann in ein kleines
Boot, stellt vorn ein Licht auf und fährt bis auf l0 - 6
Schritte darauf los, wo er dann sicher jedesmal einen mit seiner Waffe
erlegt, nicht selten 2-3 in einer Nacht. Das Fleisch des Hirsche
hat hier leider keinen Wert und wurde uns diesen Sommer viel mehr ins Haus
gebracht, als wir essen konnten; mehrmals habe ich das schönste Stück
Fleisch am Flusse liegend von den Schweinen fressen sehen, denn die meisten
werden im Sommer nur wegen der Haut geschossen. Nachher wird diese
Jagd zwar, schlechter, allein der Jäger weiß diesen Tieren an
salzigen Quellen, wo sie Salz lecken, in oder hinter einem Baumstamm sitzend,
aufzulauern. Beim Schnee verfolgt er sie auf ihrer Spur und sucht
sie bei abgehauenen oder niedergewühlten Bäumen, wovon sie die
Rinde etc. fressen. Jedoch wird die Jagd verdorben, wenn eine Gegend
stark angebaut wird, indem das Wild sich dann zurückzieht.
Die Abgaben sind hier höchst unbedeutend und braucht
in den ersten 5 Jahren von dem angekauften Lande nichts gegeben zu werden,
nachher muß jährlich für den Acker 1 1/2 - 2 Cents, je
nachdem der Boden ist, gegeben werden. Die Viehtaxe war dieses Jahr
hoch, weil der Wegbau viel Geld erforderte, und mußte für eine
Kuh über 10 Jahre 10 Cents, für ein Pferd 20 gegeben werden;
Schweine sind frei. - Der Tagelohn ist hier dahin gegen hoch und verdient
ein Tagelöhner im Sommer nebst Kost 50 Cents, im Winter 37 1/2 Cents;
ein Knecht verdient bei einem Farmer durchgängig 100 - 120 Dollarr,
und wird beim Kanal monatlich nebst Kost 12 Dollars gegeben. - Die Lebensmittel
sind im ganzen billig, nur die Kleidungs- und Luxusstücke sind teuer.
- Militärzwang ist hier fast unbekannt für junge Leute- dennoch
werden die Vereinigten Staaten im Kampfe für Freiheit und Vaterland
nach ihrer Bevölkerung sicher mehr tapfere und willige Verteidiger
finden als irgendein Staat in der Welt. - Die Beamten wählt jede Gemeinde
aus ihrer Mitte, und pflegt die auf diese Weise gewählten Richter
die entstandenen Streitigkeiten fast überall im ersten Termine befriedigender
für beide Teile zu schlichten, als in Deutschland in langen Prozessen
zu geschehen pflegt, ungeachtet diese Subjekte kein Wort Latein verstehen,
noch durch Kunst- und fremdartige Wörter ihre Aufsätze so zu
entstellen wissen, daß der unstudierte Landmann kein Wort davon versteht.
Die Revenüen dieser Richter sind die Protestkosten, welche jedoch
in erster Instanz keines wegs hoch sind.
Hierdurch glaube ich, Euch das Wissenswerteste über die Verhältnisse
eines hiesigen Landmanns im allgemeinen mitgeteilt zu haben, und mag hiernach
ein jeder selbst entscheiden, wer besser daran ist, der mit seiner Lehnspflicht,
Hörigkeit, Leibeigenschaft, Erbpacht, Zehntpflichtigkeit, und wie
diese Dinge alle heißen, unbekannte Bauer in Amerika oder in Deutschland.
Ich für meinen Teil stimme für ersteren und bin überzeugt,
daß jeder, der gesund ist, arbeiten kann und will, hier viel leichter
und sicherer sein Auskommen finden wird, jedoch werden sich nicht alle
gleich zufrieden finden. Der Reiche wird die Vergnügungen und Annehmlichkeiten
sich hier mit seinen Goldstücken schwerlich erkaufen können,
welche sich ihm dafür in Deutschland täglich darbieten, und der
Arme, welcher kaum das Reisegeld und viele kleine Kinder hat, wird hier
nicht so leicht auf einen grünen Zweig kommen, indem er von seines
Schweißes Lohne, wovon er Kost, hohe Hausrente, teure Kleidungsstücke
für sich und die Seinigen anschaffen muß, schwerlich in den
ersten Jahren so viel erübrigen kann, daß er Besitzer eines
Grundstückes wird und in Beschlag kommt; junge gesunde Leute ohne
viele kleine Kinder werden dahingegen bei verniinftiger Sparsamkeit schon
bald soweit kommen, Derjenige aber, der nach Abzug der Reisekosten etwa
150 Dollars an Ort und Stelle bringen kann, nämlich 50 Dollars zum
Landkauf, 50 Dollars zur Anschaffung des nötigen Viehes und 50 Dollars
zum Ankauf von Lebensmitteln im ersten Jahre, der wird hier bald seine
Wünsche befriedigt finden, und seine gebrachten Opfer werden ihm hinlänglich
ersetzt werden. Seine ausgestandenen Reisebeschwerden werden ihm
in der neuen Heimat, wo er von druckenden Nahrungssorgen frei dem kommenden
Tage entgegen sehen kann, bald vergessen sein. Zwar finden sich noch immer
unzufriedene Deutsche genug, und ich muß gestehen, daß mich
dieses am längsten im Zweifel gelassen hat, was von der Auswanderung
zu halten sei, um somehr, da ich schon lange wußte, daß
zum Glücklichsein mehr als Essen und Trinken gehöre, allein bei
näherer Untersuchung habe ich fast überall gefunden, daß
ihre Klagen unbillig waren und in ihrer eigenen Trägheit und den zu
großen nie zu befriedigenden Vorstellungen lagen, welcim sie sich
von Amerika gemacht hatten; ausgenommen sind natürlich diejenigen,
weiche von Krankheiten, Sterbefällen etc. heimgesucht werden. Vorsicht
ist daher immer einem jeden bei der Entwerfung des Bildes, welches er sich
von Amerika macht, anzuraten, denn es gibt keine Rosen ohne Dornen, und
wir können nicht ernten, wenn nicht gesät ist, Fremde Sprachen
zu erlernen, fremde Gewohnheiten und Sitten sich anzueignen, angenehme
Verhältnisse, worin doch mehr oder weniger jeder lebte, sind zu zerreißen
und bei vielen auf Lustbarkeiten als Tanz etc. und auf einmal schon gewohnte
Gesellschaften wenigstens in der ersten Zeit zu verzichten. Freilich
wird dieses alles die Vorteile, die dieses Land gewährt, entfernt
nicht aufwiegen, allein sie sind doch zu berücksichtigen, weil es
ihm sonst leicht gehen kann, wie es schon mehreren gegangen ist, die, als
sie entbehren mußten und ihre Erwartungen nicht mehr in allem entsprochen
fanden, wie verloren dastanden, und, anstatt etwas Vernünftiges anzufangen,
um sich zu entschädigen, zu Mitteln ihre Zuflucht nahmen, die unausbleiblich
ihr Verderben zur Folge haben mußten. Die Vorstellung, als
wären die Amerikaner noch rohe und unbeholfene Menschen, womit man
nach Gefallen herumziehen könne, ist irrig, ich wenigstens glaube
mich überzeugt zu haben, daß die aus einer Mischung verschiedener
Nationen entsprossenen Eingeborenen geschickte, mit den besten Anlagen
versehene Menschen sind, bei denen unter Berücksichtigunig ihrer jungen
Kultur, Kunst und Geschicklichkeit schon auf einer den Europäer oft
beschämenden Stufe steht, wozu der freie Verkehr, die Nichtduldung
der Innungen und Zunftprivilegien als den Wetteifer und das Streben nach
Vervollkommnung der Künatler und Arbeiter hindernder Dinge gewiß
viel beigetragen haben, Selbst der Buschbewohner weiß seine Axt so
geschickt zu schwingen, daß der Einwanderer es ihm schwerlich
im ersten Jahre nach macht, und fällt dieser ebenso geschwind einen
nicht gar zu dicken Baum, als 2 Deutsche es mit einer guten Quersäge
es zu tun vermögen, allein seine Arbeit ist eben nicht von besonderer
Dauer, und pflegt bei ihm nach einer zweitägigen Arbeit nicht
selten ein dreitägiger Ruhetag zu folgen. - -
Ich habe bereits sehr gutes Land,
woran wir alle genug haben, gekauft, und ist die Lage angenehm, wie man
sie nur wünschen kann. Mein Garten, worin das Haus stehen soll,
stößt hinten an den Fluß, und wenn ich über
den Fluß gehe, dann trete ich mitten in meine zuerst angekauften
12 Acker oder 48 Scheffelsaat, und südlich daran habe ich 88 Scheffelsaat
liegen, die ich nachher kaufte. Beide Stücke Land brauchen nie
gedüngt zu werden und sind sehr flach und eben, und hoffe ich, dieses
Jahr schon so viel darauf zu bauen, daß, wenn Ihr herüberkommt,
Ihr hinlänglich dran zu leben haben werdet..."
Es liegt noch ein zweiter längerer Brief desselben Schreibers vor mit vielen wissenswerten Angaben über Land und Leute, über das Einleben der Eingewanderten, über ihre Schicksale, z. B. der von der Embsen, Stegemanns, Wellmanns usw.; die Einzelforschung wird sich mit Nutzen ihrer bedienen. Über Stallotown teilte Böhmer darin mit, daß die Siedlung durch den Einwanderer Suermann aus Spreda (Gemeinde Langförden) einen guten Brunnen erhalten habe. Auch mit Kirche und Schule war man nach dem Briefe vom 27. Dezember 1836 ein gutes Stück weiter gekommen:
". . so habe ich dessen ungeachtet meine Lieblingsbeschäftigung, das
Schulfach, auch noch nicht ganz aufgegeben, im Gegenteil, ich habe dieses
letzte Jahr mehr drin getan als vorher. Auf dringendes und wiederholtes
Ersuchen der Vorsteher und Bewohner von Stallotown bin ich im verflossenen
Sommer drei Monate dorthin verreiset gewesen, um Schule und Kirche so viel
wie möglich in den Gang zu helfen, und hatte ich dort das Vergnügen,
mein Bestreben mit dem besten Erfolg gekrönt zu sehen. Meine
Schule wurde täglich von 90 und mehr Kindern besucht, auch gelang
es mir, vom Hochw. Herrn Bischof endlich einen Pastor, und zwar den
Herrn Bartels aus Paderborn, für Stallotown zu erhalten und für
die Kirche eine neue Glocke zu kaufen, zu welchem Ende ich im September
auf drei Wochen nach Cincinnati verreiset, welche Reise durch das seltene
Zusammtreffen der größten und vornehmsten Männer der Vereinigten
Staaten zur Zeit meines dortigen Aufenthalts sehr angenehm wurde ... Nach
Neujahr werde ich wieder einige Monate dorthin (= Stallotown) verreisen,
um Schule zu halten; allein dort zu bleiben, ist und kann meine Absicht
nicht sein, so sehr es auch die Gemeinde und der Herr Pastor, den ich sehr
schätze, und dessen Umgang ich sehr ungern entbehre, verlangen, und
so annehmliche Bedingungen sie mir auch machten; denn obgleich alles noch
die Spuren der Neuheit trägt und die Gemeinde noch nicht sehr groß
ist, so würde ich doch meine dortige Einnahme nebst freier Wohnung,
die ich bisher mit im Pastorathause hatte, über 300 Dollar rechnen
können. Fort Jennings bietet, sobald alles Land hierherum auf
den Markt kommt und unsere Wünsche einigermaßen erfüllt
werden, einen schöneren und größeren Wirkungskreis . .
."
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Anmerkung:
Heinrich Joseph Böhmer wurde am 17. November 1807 zu Vechta in
Oldenburg geboren. In Münster unter Overberg ausgebildet, fand er
in Steinfeld Anstellung als Lehrer, wo er bis 1833 verblieb. Er schloß
sich der Auswanderungsbewegung an, landete in Baltimore und ließ
sich schließlich in Fort Jennings in Putnam County nieder, damals
nur als Militästation am Auglaizefluß bekannt. 24 Jahre bekleidete
er das Amt eines Friedensrichters. 1855 erwählten ihn die Bürger
von Putnam und Henry County ins Repräsentantenhaus und stellten ihn
1860 für den Senat auf; er unterlag aber dem republikanischen Gegenkandidaten.
Er starb am 5. Dezember 1868.